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INTERNATIONAL SOCIETY
FOR THE STUDY OF DISSOCIATION
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ISSD-D

Aktuelles

ISSD-D - Definitionen
- ICD-10 Kapitel V (F) Internationale Klassifikation psychischer Störungen


Definitionen - ICD-10 Kapitel V (F)
Internationale Klassifikation psychischer Störungen

F44 dissoziative Störungen
(Konversionsstörungen)

Klinisch-diagnostische Leitlinien

Forschungskriterien

F44.0 dissoziative Amnesie

F44.1 dissoziative Fugue

F44.2 dissoziativer Stupor

F44.3 Trance- und Besessenheitsstörung

F44.4 - F44.7 dissoziative Störungen der Bewegung und der Sinnesempfindung

F44.4 dissoziative Bewegungsstörung

F44.5 dissoziative Krampfanfälle

F44.6 dissoziative Sensibilitäts- und Empfindlichkeitsstörungen

F44.7 dissoziative Störungen (Konversionsstörungen), gemischt

F44.8 sonstige dissoziative Störungen (Konversionsstörungen)

F44.80 Ganser Syndrom

F44.81 multiple Persönlichkeitsstörung

F44.82 vorübergehende dissoziative Störung

F44.88 sonstige nicht näher bezeichnete dissoziative Störungen (Konversionsstörungen)

F44.9 nicht näher bezeichnete dissoziative Störungen (Konversionsstörung)

Klinisch-diagnostische Leitlinien

Das allgemeine Kennzeichen der dissoziativen oder Konversionsstörungen ist der teilweise oder völlige Verlust der normalen Integration von Erinnerungen an die Vergangenheit, des Identitätsbewußtseins, der unmittelbaren Empfindungen sowie der Kontrolle von Körperbewegungen. Normalerweise besteht ein hoher Grad bewußter Kontrolle darüber, welche Erinnerungen und Empfindungen für die unmittelbare Aufmerksamkeit selektiert, und welche Bewegungen ausgeführt werden. Von den dissoziativen Störungen wird angenommen, daß die Fähigkeit zu bewußter und selektiver Kontrolle in einem Ausmaß gestört ist, das von Tag zu Tag oder sogar von Stunde zu Stunde wechselt. Es läßt sich nur sehr schwer feststellen, ob und in welchem Umfang dieser Funktionsverlust willkürlich kontrolliert werden kann.

Diese Störungen wurden früher als verschiedene Formen der Konversionsneurose oder Hysterie klassifiziert. Heute jedoch erscheint es günstiger, den Terminus Hysterie wegen seiner vielen unterschiedlichen Bedeutungen so weit wie möglich zu vermeiden. Die hier beschriebenen dissoziativen Störungen werden als psychogen angesehen. Das heißt, es besteht eine nahe zeitliche Verbindung zu traumatisierenden Ereignissen, unlösbaren oder unerträglichen Konflikten oder gestörten Beziehungen. Es können Interpretationen oder Mutmaßungen über die Bedeutung von Bewältigungsstrategien der Patienten gegenüber unerträglichen Belastungen angestellt werden, theoretische Konzepte wie «unbewußte Motivation» oder «sekundärer Krankheitsgewinn» sind jedoch nicht in die Leitlinien oder diagnostischen Kriterien eingegangen.

Der Begriff Konversion wird für einige dieser Störungen in einer weiter gefaßten Bedeutung verwendet und bedeutet, daß sich der durch die unlösbaren Schwierigkeiten und Konflikte hervorgerufene unangenehme Affekt in irgendeiner Weise in Symptome umsetzt.

Es wird meist von einem plötzlichen Beginn und Ende der dissoziativen Zustandsbilder berichtet. Sie sind aber selten zu beobachten, abgesehen von geplanten Interaktionen und Verfahren wie Hypnose und Abreagieren; Veränderung oder Abklingen eines dissoziativen Zustandes kann sich auf die Dauer solcher Verfahren beschränken. Alle dissoziativen Zustände tendieren dazu, nach einigen Wochen oder Monaten zu remittieren, besonders wenn der Beginn mit einem traumatisierenden Lebensereignis verbunden war. Eher chronische Zustände, besonders Lähmungen und Gefühlsstörungen, entwickeln sich manchmal recht langsam, vor allem wenn sie mit unlösbaren Problemen oder interpersonellen Schwierigkeiten verbunden sind. Dissoziative Zustände, die bereits länger als 1 bis 2 Jahre bestehen, bevor sie in psychiatrische Behandlung gelangen, sind häufig therapieresistent.

Patienten mit dissoziativen Störungen verleugnen oft auffallend ihre für andere ganz offensichtlichen Probleme und Schwierigkeiten. Alle Probleme, die sie selbst erkennen, werden von ihnen auf die dissoziativen Symptome zurückgeführt.

Depersonalisation und Derealisation sind hier nicht mit eingeschlossen, da in der Regel nur Teilbereiche der persönlichen Identität betroffen sind und diese Störungen nicht mit Leistungseinbußen in den Bereichen Wahrnehmung, Gedächtnis oder Bewegung einhergehen.

Diagnostische Leitlinien:

  1. Klinische Charakteristika, wie sie für die einzelnen Störungen in F44 ausgeführt sind;
  2. keine körperliche Erkrankung, welche die Symptome erklären könnte;
  3. Beleg für eine psychische Verursachung, das heißt zeitlicher Zusammenhang mit Belastungen, Problemen oder gestörten Beziehungen (auch, wenn diese vom Patienten geleugnet werden).

Ein überzeugender Beleg für eine psychischen Verursachung kann, auch wenn vieles dafür spricht, schwierig zu erbringen sein. Bei Vorliegen bekannter Störungen des zentralen oder peripheren Nervensystems sollte die Diagnose einer dissoziativen Störung nur mit großer Vorsicht gestellt werden. Fehlt der Nachweis für eine psychische Verursachung, so muß die Diagnose vorläufig bleiben, und die Suche nach körperlichen und seelischen Aspekten fortgesetzt werden.

Dazugehörige Begriffe:

  • Hysterie
  • hysterische Psychose
  • Konversionhysterie
  • Konversionsreaktion

Ausschluß:

  • Simulation (Z76.5)

Forschungskriterien

G1. Kein Nachweis einer körperlichen Krankheit, welche die für diese Störung charakteristischen Symptome erklären könnte (es können jedoch körperliche Störungen vorliegen, die andere Symptome verursachen).

G2. überzeugender zeitlicher Zusammenhang zwischen den dissoziativen Symptomen und belastenden Ereignissen, Problemen oder Bedürfnissen.